Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Sonntag, 7. Juli 2013

Rezension: Zero Dark Thirty





USA 2012

Zero Dark Thirty
Regie: Kathryn Bigelow
Darsteller: Jessica Chastain, Jason Clarke, Reda Kateb, Harold Perrineau, James Gandolfini, Stephen Dillane
Lauflänge: Circa 157 Minuten
Genre: Drama
FSK: 16
Verleih: Universal


Trailer




Kaum ein Film räumte bei der Kritik im Jahre 2012 mehr Lob ab als Zero Dark Thirty (Ein Begriff aus dem Militär für 00:30). Aktuell besitzt der Film einen Metascore von 95 auf Metacritic, was ihn automatisch zu den erfolgreichsten Filmen der Kritik-Krake hinzuzählt. Die Professionellen Kritiken wirken beeindruckend, trügt der Schein aber nur, der User Score liegt gerade einmal bei einer 6,5 von 10 Punkten.

So viel zu den Zahlen (ich greife nur ungerne auf Metracritic zurück). Gewann Regisseurin Kathryn Bigelow 2009 noch 6 Oscars für ihr Kriegsdrama Tödliches Kommando (The Hurt Locker), und verwies damit ihren Ex-Mann James Cameron mit Avatar in die Schranken, konnte Zero Dark Thirty 2012 von den 5 Nominierungen gerade einmal einen Oscar abräumen. Und das lediglich in der Kategorie "Sound Editing".

Wieso polarisiert Zero Dark Thirty denn so? Na klar, Bigelow behandelt ein an sich schon kontroverses Thema. Die Dekade des Terrors endete in den USA genau 10 Jahre nach den Anschlägen auf das World Trade Centers mit der nicht minder umstrittenen Exekution Osama Bin Ladens in Abbottabad- Pakistan. In der Modernen Welt der Berichterstattung, konnten Menschen praktisch weltweit Live die Ereignisse verfolgen. Die Kontroverse bei Zero Dark Thirty liegt dann wohl aber weniger an der Rekonstruktion der Geschehnisse in Abbottabad, sondern viel mehr auf die Folterszenen. Im äußerst gelungenen Prolog bekommt man da einen Einblick, der, laut Bigelow, ziemlich authentisch sein soll (was vermutlich aber bereits jeder wusste). Doch gehen wir allen Kontroversen mal aus dem Weg und stellen uns die Frage: "Ist Zero Dark Thirty ein guter Film?" Nein! eher sollte ich Miss Bigelow einen Brief schreiben, und Fragen, ob man mir irgendwie diese knapp 3 Stunden wieder auf meine Lebensspanne gutschreiben kann. Da dies aber sehr unwahrscheinlich ist, sie jemals gutgeschrieben zu bekommen, spare ich mir lieber die Tinte.

Bigelows Vorgänger und Academy Überraschungshit Tödliches Kommando ließ mich bisher komplett unbeeindruckt. Bis Heute habe ich ihn nicht gesehen, und habe es auch in Zukunft nicht vor. Bei Zero Dark Thirty war das jedoch anders. Die komplette Materie rund um 9/11 interessiert mich sehr. Alleine im letzten Jahr habe ich eine menge interessante Dokus gesehen, die sich mit dem exakt gleichen Thema auseinandersetzten wie es Zero Dark Thirty tut. Dementsprechend wollte ich zumindest den Film im Heimkino nachholen. Der große Unterschied zu den Dokus ist jedoch, sie verdrehen keine Tatsachen oder bauen haarsträubende Szenarios auf. Das größte Problem, welches ich mit Zero Dark Thirty hatte, war, der Film ist einfach ziemlich unglaubwürdig. Das fängt beim Plot an, geht mit den Charakteren weiter, und endet mit einer brutalen Lauflänge von über 150 Minuten.
Bis der Film die Szenen zeigt, die im Trailer so sehr beworben werden, ist der Zuschauer entweder eingeschlafen, oder hat komplett den Faden verloren.

Zwar sagte Bigelow nie, der Film würde 1:1 die Tatsachen wiedergeben, aber das habe ich auch nie angezweifelt. Zero Dark Thirty ist letztendlich ein Film aus Hollywood. Aber das schlimme ist, hätte sie sich zumindest etwas an die Fakten gehalten, und auf ihre nervige Protagonistin Maya (Jessica Chastain) verzichtet, hätte auch über den bereits erwähnt gelungenen Prolog hinaus, ein interessanter Film entstehen können. Insgesamt dreht sich der Film nur um die, man kann sagen, 9/11 fanatische CIA-Mitarbeiterin Maya, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Bin Laden zur Strecke zu bringen (das nennen ich mal ein bescheiden ausgelegtes Ziel). Selten (nie) habe ich eine weibliche Protagonistin in einem Film gesehen, die unsympathischer oder überflüssiger war. Was nicht bedeutet, dass ich an sich gegen weibliche Protagonistinnen in Kriegsdramen bin. Beinahe wie alle anderen Rollen im Film, die auftauchen und wieder verschwinden, wurde die Rolle der Maya unglaublich schlecht geschrieben. Ich versuchte Sympathien zu finden oder einen Hauch von Mitgefühl. Leider fand ich nichts davon. Ob das nun einzig an der Rolle liegt, oder auch an Schauspielerin Jessica Chastain, vermag ich nicht einmal zu sagen.

Doch nicht nur an den Charakteren hapert es. Der Film schafft es nicht, eine plausible Story aufzubauen, die logisch zu den Ereignissen am Ende mit dem S.E.A.L. Team 6 führen. Zero Dark Thirty wird zu einer verwirrenden Odyssee, die, besonders gegen Ende, den Zuschauer mit vielen Fragezeichen zurücklässt. Obwohl zwischen manchen Abschnitten mehrere Jahre spielen, verhalten sich die Charaktere, als wären manche Ereignisse erst Vorgestern geschehen. Die wirren Sprünge durch die Zeit verändern zwar die Jahreszahl, alle Charaktere scheinen aber immer noch im Jahr 2001 zu leben. Ein Schauspieler wie James Gandolfini (hier in eine seiner letzten Rollen) wurde gnadenlos in einer kurzen Rolle als unfähiger CIA-Boss verheizt. Anstatt die Figuren im Film auszuarbeiten, hält man sich stattdessen rund 30 Minuten an einer seltsamen Verfolgungsjagd auf, deren Sinn und schließlich die Auflösung der Geschehnisse mir bis jetzt noch nicht klar geworden ist.

Und so zieht sich Zero Dark Thirty wie ein amerikanisches Kaugummi. Ein süßer Geschmack am Anfang, der jedoch schnell verschwindet. Immer, wenn man denkt, gleich würde der Film endlich sein wahres Potential entfalten (welches eindeutig vorhanden ist), verhindert der Plot ein weiteres vorankommen. So vermittelt der Film eher den Eindruck einer schlecht recherchierten Pseudo-Doku. Und wenn der arme Zuschauer sich bis zum Abspann gequält hat, und denkt, er würde am Ende zumindest noch Nothing Else Matters wie im Trailer hören, wird er ein letztes mal enttäuscht.


Resümee

Zero Dark Thirty fehlen nicht nur interessante Charaktere, es fehlen dem Film auch echte Helden. Wenn man schon auf der Stars and Stripes Patrioten Schiene fährt, dann darf man dem Zuschauer auch gerne eben solche Charaktere servieren. Die enge Mitarbeit mit dem CIA hat eher dafür gesorgt, dass die Agency jedem Zuschauer nun noch suspekter ist als vorher, und die Vorgehensweise der USA mehr als fragwürdig ist. All das wurde verpackt in ein schlechtes Drehbuch und einer Story, so aufgeplustert das es schwer ist, ihr komplett zu folgen.

Wer sich wirklich mit dem Thema auseinandersetzen will, der findet wesentlich authentischere Dokumentationen. Diese setzen sich dann auch nicht mit einer zickigen und mürrischen CIA-Agentin auseinander, sondern halten sich, so gut es halt möglich ist, an Fakten.

Und wer gut recherchiertes, aber auch noch schön in Szene gesetztes Polit-Kino sehen will, der darf entspannt zu Spielbergs München oder Edels Baader Meinhof Komplex greifen.

Nach einem gut in Szene gesetzten Prolog, geht es in Zero Dark Thirty weiter mit Belanglosigkeiten, die sich bis zum Finale erstrecken. Uninteressante wie unsympathische Charaktere vollenden das Machwerk und machen Zero Dark Thirty zu meiner bisherigen Heimkino-Gurke im Jahr 2013.


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