Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Dienstag, 7. Januar 2014

Aufziehvogel's Wühlkiste: James Bond 007 - Moonraker



Großbritannien 1979

Originaltitel: Moonraker
Vorlage: Ian Fleming
Regie: Lewis Gilbert
Darsteller: Roger Moore, Lois Chiles, Michael Londsdale, Richard Kiel, Corinne Clery
Lauflänge: Circa 126 Minuten
Genre: Spionagefilm, Science-Fiction, Komödie
Verleih: Twentieth Century Fox
FSK: 12


Trailer




Kommen wir mal zu den wirklich wichtigen Sachen. Etwas, was auf diesem Blog tatsächlich fehlte. Eine Rubrik von enormer Wichtigkeit. Die Wühlkiste. Dort möchte ich alle Filme rauskramen, bei denen ich mich bis Heute frage, warum diese Werke jemals realisiert wurden. Und welcher Film passt da besser als Moonraker? Ein Film, unwürdig ein Teil des Bond-Kanons zu sein, und es dennoch ist. Ein trauriger Abgesang auf die Filmkunst der 70er Jahre und Seitenhieb gegen die Literatur.




James Bond. Er besitzt die Lizenz zum töten. Bond kann viel. Bond kann mehr als gewöhnliche Menschen. Bond fliegt in den Weltraum. Wie war das? Wo auch immer James Bond Schöpfer Ian Fleming gerade seinen Martini trinkt und Zigaretten raucht, ins Weltall wollte er Bond vermutlich nie schicken.
Unter Fans zählt Flemings Moonraker zu den besten Romanen des Geheimagenten. Und als der Autor 1964 verstarb, hätte er sich wohl nie zu träumen gewagt, dass die Filmindustrie 007 einmal gemeinsam mit Bösewicht Jaws in den Weltraum befördern würde.

Vom original Moonraker ist in der Verfilmung nur noch wenig zu sehen. Aus einem spannenden Agenten Thriller machte Regisseur Lewis Gilbert einen Spionage und Science-Fiction Klamauk der mehr einem B-Movie gleichkommt als einem ernsthaften Spionagefilm. Das damals im wahrsten Sinne des Wortes astronomische Budget für den Film rechtfertigt nur selten den Inhalt. Kontern wollte man mit Moonraker ganz einfach Krieg der Sterne, ein Film, der dem Science-Fiction Genre zur gleichen Zeit einen enormen Aufschwung bescherte. Und wenn ein alter Mann und ein seltsamer Typ in schwarzen Kostüm mit Vollhelm und mechanischer Stimme sich mit irgendwelchen Laserschwertern bekämpfen können, dann kann doch auch James Bond seinen nächsten Auftrag im Weltall abschließen. Oder etwa nicht? Selbstverständlich nicht! Es gibt Themen, die sind selbst für einen meisterhaft ausgebildeten Spionageagent des britischen MI6 eine Nummer zu groß. Nicht einmal mit einem George Lucas in Reichweite zur damaligen Zeit hätte man aus diesem Projekt etwas brauchbares anstellen können. Die einzige Möglichkeit wäre gewesen, sich an Flemings Roman zu halten. Allerdings stieß der Brite mit teils drastischen Inhalten schon zur Zeit der Veröffentlichung seiner Romane auf Kritik, und spätestens seit der Ära Roger Moores wurde James Bond endgültig zum Saubermann, Klugscheißer und Frauenhelden umgebaut. So ist es wenig verwunderlich, dass Moonraker viel mehr einer Komödie gleichkommt, als einem Thriller mit ernster Handlung.

Was man Moonraker letztendlich zu gute halten muss, wirklich ernst nimmt der Film sich nie. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass dies die Intention war (ich muss zugeben, ich kenne nicht viele Details über die Entstehung des Films). Bonds jagt auf den völlig übermütig gewordenen Hugo Drax kommt recht flott in fahrt (auch wenn sich die Lauflänge von über 2 Stunden gegen Ende zieht wie ein Kaugummi). Dazu spendiert man uns gleich zwei Bond Girls und auch noch Bösewicht Jaws, der Bond quer durch die Weltgeschichte hetzt. Immer wieder wird der Film mit altklugen Bemerkungen von Bond (der nicht nur unverwundbar, sondern auch Allwissend ist) oder flapsiger Situationskomik bereichert. Oder man schickt Bond einfach mit einer Hightech Gondel durch Venedig. Ich glaube, mit all dem hätte ich mich noch abfinden können, wenn gegen Ende des Filmes nicht auch noch der Weltraum hinzugekommen wäre.



Wenn sich in der finalen Schlacht die gegnerischen Parteien im Weltall mit Raumanzügen und Laserwaffen gegenüberstehen und bekämpfen, könnte man schon einmal auf den Gedanken kommen, ob es sich vielleicht um einen Filmriss handelt. Die bitterböse Wahrheit sieht aber leider ganz anders aus. Man schaut immer noch Bond. Und wenn man bereits die äußerst peinlichen Szenen mit Jaws überstanden hat, wartet schließlich auch noch eine Liebesszene auf die Zuschauer. Eine Liebesszene im Weltall! Damit wäre die Reise für den geneigten Filmfan nach Absurdistan perfekt. Die Welt der 70er verabschiedet sich mit Laserpistolen und James Bond im Weltall. Und bis Heute frage ich mich, was Ian Fleming wohl davon gehalten hätte.

Größter Kritikpunkt für mich ist immer noch Roger Moore. Obwohl Vorgänger Sean Connery bereits eine andere Interpretation von Bond gespielt hat, als es der Original Fleming Bond aus den Romanen war (verwundbar, ernst und Realist), so hat er es dennoch immer geschafft, dem Charakter eine menge Charme zu verleihen. Und das schafft Roger Moore eben nicht. Die Rolle des James Bond wurde perfekt auf Moore zugeschnitten. Er wirkt aalglatt, nahezu unverwundbar und immerzu besserwisserisch. Diese Bond Interpretation, recht comiclastig gehalten, ist für den Zuschauer unnahbar. Es kam mir immer vor, und das nicht nur bei Moonraker, als verkörpere Moore einen Superheld aus dem Marvel oder DC Universum. Erst mit Timothy Dalton ging man zu den Ursprüngen zurück und erschuf einen Bond der sowohl optisch, als auch charakterlich Ian Flemings Bond sehr nahe kam. Roger Moore hingegen scheitert in vielen Aspekten als Geheimagent und in Moonraker haben es die Autoren tatsächlich auf die Spitze getrieben.

Technisch gesehen ist Moonraker zwar noch recht ansehnlich, aber besonders bei einem Budget von über 30 Millionen Dollar kann der Film zu keiner Zeit mit Krieg der Sterne mithalten. Warum der Vergleich? Ganz einfach, genau diesen Trend wollte man in Moonraker laut der Produzenten fortführen. Das recht hohe Budget von Moonraker ist also daher relativ selten zu sehen. Die Szenen, die sich im Weltraum abspielen, machen technisch einen passablen Eindruck, da es sich hier aber um einen Spionagefilme handelt, wirken die Szenen trotz brauchbarer Effekte eher albern und völlig unglaubwürdig. Man muss bedenken das der Film nicht nur in den 70ern gedreht wurde, sondern auch in dieser Zeit spielt, anders als Krieg der Sterne, der vor langer Zeit, in einer weit, weit entfernten Galaxie spielt.


Resümee

Zu meiner Verwunderung muss ich zugeben, Moonraker besitzt tatsächlich eine recht treue Anhängerschaft. Doch frage ich mich, wie kann dies möglich sein? Moonraker überzeugt weder als Spionage- noch als Science-Fiction Film. Dafür sind die Inhalte zu haarsträubend, und die Darsteller einfach nicht überzeugend genug. Es fehlt eine spannende Geschichte und ein halbwegs glaubhaft verfasstes Drehbuch. Auch wenn die 007 Verfilmungen schon immer "anders" als Flemings Romane waren, Stil hatten sie meistens. Leider wirkt sich mein recht negativer Eindruck auf alle Bonds mit Roger Moore aus. Das liegt nicht einmal daran, dass Moonraker an sich kein gute Bond Adaption ist, sondern einfach daran, dass Moore als 007 einfach nicht überzeugend ist. Eine James Bond Interpretation muss immer auch die geheimen Gelüste des Zuschauers stillen. Die nicht realisierbaren Träume zum Beispiel. Bond muss gefährlich leben, schöne Frauen kennen lernen und sich maßlos betrinken, und danach trotzdem noch präzise Schüsse mit seiner Walther abgeben können. Doch was Bond eindeutig nicht tun muss, und das bitte nie wieder, wäre ein Ausflug in den Weltraum um irgendeinen völlig wahnsinnigen Kerl davor abzuhalten, die perfekte Gesellschaft außerhalb der Erde zu gründen. Bond darf gerne unnahbar sein, aber bitte nicht in einer weit, weit entfernten Galaxie.

Moonraker ist für mich somit der Plan 9 aus dem Weltall unter den Bond Filmen. Und egal wer mir für diesen Vergleich ein Gegenargument liefert, von dieser Meinung wird man mich nicht abbringen können. Bei einer guten Flasche Scotch würde ich aber eindeutig noch einmal mit mir darüber reden lassen. Wobei, nein, lieber doch nicht.




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