Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Dienstag, 26. Mai 2015

Rezension: Death Parade



Trailer (Verfügbar leider nur in japanischer Sprache ohne Untertitel)




Japan 2015

Death Parade
Originaltitel: デス・パレード
Konzept und Regie: Yuzuru Tachikawa
Studio: Madhouse
Sprecher: Tomoaki Maeno, Asami Seto, Rumi Ookubo, Yoshimasa Hosoya, Kazuya Nakai, Mamoru Miyama
Opening Song: [Flyers] von BRADIO
Ending Song: [Last Theater] von NoisyCell
Episoden: 12
Genre: Anime, Mystery
FSK: Ungeprüft


In der Anime-Branche hat sich etwas verändert. Oder habe ich mich verändert? Diese Frage habe ich mir gestellt, bevor ich Death Parade gesehen habe. Ich bin mir nun ganz sicher, nicht ich bin es, der sich verändert hat, es ist eindeutig die Branche, die einen Umbruch erlebt hat. Fanservice und Ecchi gibt es in der Welt von Manga und Anime seit gefühlten Urzeiten und sind in Maßen durchaus stimmig oder gar geschickt in die Geschichte eingebunden.
Doch ein Aufziehvogel ist überfordert wenn ihm Begriffe wie MoeHarem oder Reverse Harem um die Ohren fliegen. Und manche Serien mehr Damenunterwäsche als Inhalt bieten, muss ich mich unweigerlich fragen, ob der aktuelle Anime-Trend überhaupt noch etwas für mich ist. Beispielsweise hat Highschool of the Dead (sowohl Manga als auch Anime) viel Potential zu einer gelungenen Zombie-Serie, welches durch übermäßigen Gebrauch von Fanservice am laufenden Bande jedoch verschwendet wird. Serien wie Lynn Okamotos "Brynhildr in the Darkness (Gokukoku no Brynhildr)" haben aber bewiesen, auch gut gewählte Ecchi/Harem Elemente können durchaus unterhaltsam umgesetzt werden. Und trotzdem gibt es auch Serien, die sich aktuell dem Trend widersetzen. Sowohl Attack on Titan, Tokyo Ghoul sowie auch Parasyte tendieren alle durchaus zu einer ernsten und düsteren Seite. Und genau in diese Kerbe schlägt auch Death Parade.




Auch wenn das genial stimmungsvolle Disco-Opening [Flyers] der japanischen Band BRadio vermuten lässt, hier handle es sich um eine genau so freudige und entspannte Serie, der wird auf eine falsche Fährte geführt. Denn wenn Death Parade erst einmal richtig los legt (und das wird  bereits schonungslos in Episode 1 demonstriert), werden die Zuschauer in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele entführt. Das Konzept hinter Death Parade ist durchaus einfach zu verstehen. Zwei Menschen (ob verwandt, verheiratet oder völlig fremd) werden per Aufzug in die Bar Quindecim befördert. Sie erinnern sich nur an Bruchstücke aus ihrer Vergangenheit und haben keine Ahnung davon, wie sie in diese Bar gelangt sind. Lediglich der schweigsame Barkeeper Decim begrüßt das gerade eingetroffene Paar. Nach einem kleinen Drink bittet Decim die beiden, an einem Spiel teilzunehmen. Weigern sie sich, würde dies weitreichende Folgen für sie haben. Eingeschüchtert aufgrund der ungewissen Konsequenzen, die ihnen blühen, lassen sich die Teilnehmer auf das Spiel ein. Während des jeweiligen Spiels (von Darts bis Bowling ist alles dabei, allerdings alle versehen mit einem interessanten Twist) gelangen sie immer ein wenig mehr von den Erinnerungen zurück, die sie anscheinend verloren haben. Und am Ende ist es Decim der entscheiden muss, was mit dem Gewinner und dem Verlierer passiert.

Das Konzept basiert auf einen Kurzfilm von Regisseur Yuzuru Tachikawa. Jener Kurzfilm "Death Billiards" hat mit knapp 24 Minuten Laufzeit die gleiche Lauflänge einer gewöhnlichen Anime-Episode und gehörte zum Young Animator Training Project in der Ausgabe 2013. Eingereicht wurde das ungewöhnliche Projekt von dem Kultstudio Madhouse (u.a. Death Note) welches auch später die komplette Serie produzierte. Chronologisch kann man den Kurzfilm "Death Billiards" am besten innerhalb der ersten 5 Episoden unterbringen.
Bis auf eine Ausnahme ist die Handlung jeder Episode bereits in den genannten 24 Minuten abgeschlossen. Dennoch geht die Serie tatsächlich auch noch einer Haupthandlung nach. Somit wechseln sich die Episoden ab zwischen den Spielen, wo zwei Protagonisten gegeneinander antreten müssen um ihre schmerzhaften Erinnerungen zurückzuerlangen und den Ereignissen rund um die geheimnisvolle Frau (Kurokami no onna) und den Mitarbeitern des Quindecim. Gekrönt wird das meist melancholische sowie traurige Ende einer jeden Episode durch den Song [Last Theater] der japanischen Band Noisy Cell, die hier mit einem überraschend solidem Englisch überzeugen können (was für japanische Künstler alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist). Beinahe jede Episode beschäftigte mich auch nach dem Abspann noch für einige Zeit. Das perfekte Zusammenspiel der einmal mehr außergewöhnlich guten japanischen Synchronsprecher, die flüssigen, detailreichen Animationen von Madhouse und grandioser Musik machen Death Parade zu einem Highlight auf mehreren Ebenen.

Bis zum sehr emotionalem Finale ist jede einzelne Episode bestens ausgearbeitet. Ganz besonders Barkeeper Decim macht in den 12 Episoden eine unglaubliche Entwicklung durch. Die Haupthandlung rund um Kurokami no onna (ihren wahren Namen erfährt man zum Ende hin) wird zufriedenstellend abgeschlossen. Diese Tatsache hat man unter anderem der fehlenden Vorlage zu verdanken. Death Parade basiert weder auf einem Manga noch einer Light-Novel. Es ist immer wieder ein prägnanter Regiestil von Yuzuru Tachikawa zu erkennen, der hoffentlich schon bald die Chance für ein komplett neues Projekt erhalten wird. Ebenfalls noch erwähnenswert: Für das Ending, was meistens am Ende jeder Episode eingespielt wird sofern die Story nicht dort in Bildern noch ein wenig fortgeführt wird, stammt von Cowboy Bebop, Samurai Champloo und Zankyou no Terror Mastermind Shinichiro Watanabe (dieses Jahr auf der kommenden AnimagiC in Bonn als Ehrengast vertreten).





Resümee

Mit Death Parade hat Madhouse (zusammen mit Parasyte) einen weiteren hochwertigen Vertreter der modernen Anime-Kunst ins Rennen geschickt. Und das originelle Konzept darf gerne zum nachmachen anstiften. Erst vor wenigen Tagen hat Evangelion Schöpfer Hideaki Anno erneut die Stagnation in der Anime-Industrie kritisiert. Annos Kommentar liest sich etwas dramatischer als er es eigentlich meinte, unrecht hat er jedoch nicht. Durch die ganzen halbgaren Manga und Light Novel Verwurstungen konnten sich nur wenige Anime in der vergangenen Zeit als wirklich komplett oder gelungen bezeichnen (weil die meisten Werke, auf die sie basieren, noch längst nicht fertiggestellt sind).
In nur 12 Episoden schafft es Death Parade hingegen den Zuschauer mit starken Emotionen und einem kompletten Ende zu entlassen. Eine Serie, die förmlich danach fleht, nicht fortgesetzt zu werden (auch wenn ich eine abschließende OVA sogar noch begrüßen würde).

In Deutschland exisitert noch keine Lizenzierung zu Death Parade. Legal und kostenlos via Vide-on-Demand kann man Death Parade aktuell über Funimations Streaming-Plattform schauen. Allerdings ist dies nur möglich, wenn man über eine amerikanische IP-Adresse verfügt. Aber dafür ist mein Blog letztendlich nicht zuständig ;)

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